home | zurück

exex_2007/presse

wo wege kreuzen
peter dew, petra elena köhle und nicolas vermot petit-outhenin und
die geschichten der wege im projektraum exex

geschichten halten sich nicht an vorgefasste wege. das haben sie mit dem leben gemeinsam. eine doppelausstellung geht den narrativen möglichkeiten der kunst nach und trifft auf sehnsucht.

 

ursula badrutt schoch

 

«wie oft verpasst man sich?» petra elena köhle und nicolas vermot petit-outhenin haben grund, sich dies zu fragen. drei jahre lang studierten beide an der hochschule für gestaltung und kunst in zürich, wohnten im gleichen quartier und sind sich nie begegnet. bis auf den letzten tag, an einem abschiedsfest. seither sind sie ein paar. mit diesem hintergrund haben sie eine reise getan. getrennt. zuvor haben sie das projekt ausgeheckt, das den fragen von zufall und schicksal im leben nachgehen will. «eine untersuchung der wahrscheinlichkeit von begegnung im urbanen raum» lautet ihr vorhaben. bepackt mit fotokamera, notizblock, gps- und aufnahmegeräten für eine spätere künstlerische umsetzung sind köhle und vermot als zwei forschungsreisende für drei wochen nach palermo gezogen.

 

in begleitung der sehnsucht

zur wissenschaftlichen neugierde über die wahrscheinlichkeit gesellte sich bald sehnsucht nach einem treffen. die objektive versuchsanordnung wird – so ist aus der präsentation im projektraum exex zu schliessen – in der umsetzung vom subjektiven sehnen des einen nach dem anderen geprägt. «anche se non posso focalizzarti – sei nel mio sguardo» (auch wenn ich dich nicht sehen kann, bist du in meinem blick) handelt vom sehnen, von erfüllungen, enttäuschungen, hoffnungen und ängsten.

ein erster teil der auswertung ist im kunsthaus glarus zu sehen. im teil 2 im exex steht das emotionale im vordergrund. verbindendes element ist eine projektion, auf der im zeitraffer die bewegungen der beiden künstler im raum auf grund der gps-auswertungen in filmischer spannung mit dramatischen und erlösenden momenten nacherlebt werden können.

 

geschichtenwucher

«eine möglichkeit ist erst dann eine, wenn es keine alternative gibt», sinniert vermot an anderer stelle über die chance, sich zu treffen. der wunsch, den anderen zu sehen, lenkt den tagesablauf, wird streckenweise zur besessenheit. als skulpturales element sind zwei raumkammern angeordnet, die hotelzimmer, die jeder für sich bewohnt, die karg und gefüllt von sehnsucht sind. wie im strassengewirr verliert man sich als besucher in den geschichten und ereignissen, die an den wänden in wort und bild ausgebreitet sind. die beiden künstler haben schon in früheren arbeiten im rahmen der swiss art awards gezeigt, wie sich ein konzeptueller hintergrund in narrative präsentation ästhetisch überzeugend darstellen lässt, und wie ereignisse allgemeiner gültigkeit im übergeordneten regelwerk einzigartig sind. so einzigartig und bedeutsam wie zwei wege, die sich kreuzen und das leben ändern.

 

ein feld von möglichkeiten

wege und geschichten hat auch peter dew ausgelegt. er gibt einen blick von weit her auf einen planeten, den wir bei genauerem hinsehen als unseren eigenen erkennen, mit all seinem irrsinn.

ins schaufenster des projektraumes ausgreifend erzählt er wortlos von den möglichkeiten, welt zu erleben. in bildhauerischer kleinarbeit und ausgedehnter sammeltechnik eröffnet er ein spielfeld der inspirationen. seine disparate installation «oh, but what if you want to go down that way?» gibt zwar mehr oder weniger handfeste anlehnungen an musiktitel und filme, doch bleibt die bezugnahme assoziativ und fakultativ. wichtiger ist, dem subjektiven navigieren zu vertrauen. verpackungsfolie wird zu feuerfest gekleideten astronauten, joghurtdrinkfläschchen zu raketen, ein vogelnest zum satteliten. möglichkeiten, die einzelnen stationen zu geschichten zu verbinden, gibt es unzählige. wegmarkierungen, grenzzäune und leitplanken lenken das denken in ungefasste bahnen zu den absurditäten, die das leben meint. im schaukasten bei der post in herisau hat der st. galler künstler aus grossbritannien kleinräumig das all inszeniert, im exex beweist er, dass seine modelle auch grossräumig funktionieren.

«can you now return from where you came» singt nick drake im song «cloths of sand». «can you now return from where you came» ist auch der titel der ausstellung. dem flüchtigen des lebens ist der unterton der doppelpräsentation gewidmet. daran bleiben wir gerne hängen.

aus dem st.galler tagblatt vom montag, 19. märz 2006

 

 

petra elena köhle & nicolas vermot petit-outhenin installieren im projektraum
ihr individuelles palermo …

 

peter dew zeigt den eigenen planeten aus den tiefen des weltraums …