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exex_2005/exex.change nr. 2

rainer peikert: das projekt «échanges»

1999 hat der schweizerische kunstverein das projekt échanges lanciert mit dem ziel, den kulturaustausch über die sprach- und kulturgrenzen zu fördern und damit einen beitrag zum innern zusammenhalt der schweiz zu leisten. dieses ziel steht noch heute im zentrum von échanges, zunehmend gewinnen aber andere aspekte an bedeutung.

unverkennbar ist, dass échanges sehr viel zur förderung der künstlerinnen und künstler beiträgt. eine grundlage dafür bildet das spezifische auswahlverfahren: die leiterinnen und leiter der beteiligten institutionen stellen junge kunstschaffende vor, diese vorschläge werden im plenum diskutiert, die auswahl aber trifft die kuratorin/der kurator, welche die einzelne ausstellung einrichten wird. unterstützt und gesteuert wird das ganze prozedere durch frau esther jungo, die dieses projekt im auftrag des schweizerischen kunstvereins leitet. dieses auswahlverfahren an sich ist bereits ein garant dafür, dass in der regel wirkliche talente zum zuge kommen.

ebenso wichtig erscheint aber der grundgedanke von échanges, der austausch. künstler, die in ihrem angestammten kreis verharren, neigen dazu, sich auf eigene positionen zu versteifen und entwickeln sich so zum berühmten propheten, der im eigenen land nichts gilt. die auseinandersetzung mit menschen in anderen kulturräumen gibt diesen talenten die möglichkeit, ihre positionen zu überprüfen und zu überdenken. das resultat ist oft erstaunlich. nicht wenige künstlerinnen und künstler, denen eine échanges-ausstellung gewidmet war, haben in der folge eine beachtliche entwicklung durchgemacht. natürlich ist das nicht das alleinige verdienst des schweizerischen kunstvereins, beigetragen aber hat er dazu sehr viel.

damit ist échanges eine wunderbare und beispielhafte verbindung von kunstförderung und kulturaustausch. und darum hat sich die zusammenarbeit zwischen der schweizer kulturstiftung pro helvetia und dem schweizerischem kunstverein auch bei diesem projekt so erfreulich entwickelt. ich darf hier unseren gesprächspartnern bei der schweizer kulturstiftung pro helvetia, allen voran natürlich herrn dr. rudolf velhagen, ein grosses kränzchen winden. mein dank aber geht selbstverständlich auch an herrn pius knüsel, an den ganzen stiftungsrat der schweizer kulturstiftung pro helvetia und an alle beteiligten mitarbeiterinnen und mitarbeiter.

das échanges-projekt entwickelt sich weiter, muss sich weiterentwickeln. so wäre es für unsere échanges-künstler wichtig, dass sie auch im ausland beachtung finden, und zwar nicht im rahmen von entwicklungshilfe oder werbung für die schweiz, sondern als beitrag für den kulturaustausch, für den dialog über die landesgrenzen hinaus, der für unsere land so wichtig ist. wir hoffen, dass die schweizer kulturstiftung pro helvetia im rahmen der anstehenden kulturpolitischen auseinandersetzungen in dieser hinsicht gestärkt wird und wir unseren beitrag dazu leisten können.

ein weiteres échanges-thema, mit dem sich die schweizer kulturstiftung pro helvetia auch beschäftigt, ist der austausch zwischen und mit fremden kulturen innerhalb der landesgrenzen. hier haben wir den einstieg noch nicht gefunden, obwohl gerade dieser kulturaustausch eine grosse bedeutung hat für unser land. ich möchte dabei nur das thema sprache erwähnen. es kann nicht darum gehen, dass einfach alle ausländer eine sprache – deutsch, französisch, italienisch – erlernen, die wir selber immer weniger beherrschen. es ist notwendig, dass wir alle ein sprachverständnis entwickeln, das uns in die lage versetzt, uns gegenseitig wirklich zu verstehen.

zum schluss gehe ich noch auf einen aspekt ein, der zwar die schweizer kulturstiftung pro helvetia weniger direkt betrifft, aber für den schweizerischen kunstverein hohe priorität hat: échanges darf nicht verharren und verkümmern im austausch zwischen kulturschaffenden und kunstfreunden. austausch ist notwendig zwischen kultur und politik, zwischen kultur und öffentlichkeit. die einzelnen fachbereiche entwickeln sich immer mehr zu geschlossenen selbstläufern. austausch, vermittlung über die immer höher wachsenden gartenmäuerchen hinweg wird für das zusammenleben immer wichtiger. hier haben wir ein riesiges wirkungsfeld für échanges vor uns, die arbeit geht uns nicht aus.

mit diesem kleinen tour d’horizon wollte ich ihnen aufzeigen, dass kulturaustausch nicht einfach eine dienstleistung für künstler und kunstfreunde oder ein kulturpolitisches schlagwort ist. kulturaustausch ist ein zentrales element einer jeden kultur, kultur ohne austausch degeneriert und fällt in sich zusammen. darum braucht es échanges, darum braucht es eine starke schweizer kulturstiftung pro helvetia. am 1./2. juli werden auf der älggi alp ob sachseln alle bei échanges mitwirkenden und alle an échanges interessierten zusammenkommen, um den erfolg dieses projektes zu feiern und ihm neue impulse für eine noch erfolgreichere zukunft zu vermitteln.

rainer peickert, rede am empfang der schweizer kulturstiftung pro helvetia, projektraum exex, st.gallen, 3. märz 2005

 

 

 

plakataktion mit dem plakat jérémie gindres in der st.galler innenstadt.