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exex_2006/presse

elisabeth nembrini im projektraum exex

mit gestickten glasperlen auf wild-west motiven materialisiert elisabeth nembrini in der ausstellung «miss lebensleistung» erinnerungsfragmente einer kindheit.

 

johanna encrantz

 

«zuerst sind die bilder», meinte der filmemacher jean-luc godard und erst dann folge die geschichte. gleich verhält es sich mit dem «kindheitsfilm» der st. galler künstlerin elisabeth nembrini (*1960). eigene erinnerungsfragmente vermischen sich in der arbeit «östlich von winnetou» mit bildern der deutschen filmproduktion: winnetou-sammelbilder aus den sechziger und frühen siebziger jahren bilden die grundlage zur erforschung der eigenen kindheitsgeschichte. tatsächliche erfahrungen und fantasien um die motive aus dem wilden westen werden zu einem ganzen verwoben und verstickt: glitzernde stickkissen als bildobjekte materialisieren mit leichter ironie romantische bildwelten und abenteuerliche identifikationsvorstellungen des einstigen kindes und dessen sehnsucht nach heldentum.

das reisen in der zeit - auch ins all - und das ordnen von erinnerungen und emotionen prägen die arbeiten von elisabeth nembrini. sie zeigen ein bildliches universum aus zeitungs- und familienfotografien im vagen zwischenbereich von dokumentierter und konstruierter kindheit. in grossformatigen projektionen baute nembrini mit pixeln ihre foto-«animationen» aus dem jahr 2004 als erinnerungsblitze auf und liess sie nach ein paar sekunden wieder verschwinden. dieselbe flüchtigkeit zeichnete auch die arbeit «nachspielzeit» aus, in der die künstlerin wunderschöne abbilder von lieblingsfotos aus dem familienalbum in die tapeten einer abbruchliegenschaft ritzte. die gegenüberstellung von fassbarem und transparentem, von wand und bild liess eine zwischenwelt aufscheinen, eine welt hinter der welt.

die flüchtige materialität ersetzt elisabeth nembrini in ihrer neuesten arbeit durch «greifbares» handwerk, geht es doch in der ausstellung «miss lebensleistung» um nachhaltige werte über ein ganzes leben verteilt. «ribanna» mit silberbüchse, «ribanna» im kampf mit dem bären: es sind klein- bis grossformatige projektionen auf leinen, die sorgfältig mit indianischen glasperlen bestickt sind.

sticken erfordert zeit, jene zeit, in der sich das bildresultat entwickeln kann. der arbeitsprozess schafft eine neue geschichte um das bild. es wird zur eigenen interpretation der erinnerung und steht für fantasien und vorstellungen, die sich im gedanklichen feld von identität und austauschbarkeit bewegen.

in der ausstellung sind auch arbeiten von eva kindlimann, susanne hofer und judith albert zu sehen. aus verschiedenen künstlerischen positionen wird mit unterschiedlichen bildmustern und techniken die thematik eines «nachhaltigen» lebens durchgespielt, dabei verbinden sich die arbeiten zu assoziativen gedankenfeldern.

aus dem kunstbulletin vom oktober 2006