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*1977
lebt und arbeitet in amsterdam und zur zeit in wald ar
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vögel brauchen luft zum leben
im atelierhaus der rené & renia schlesinger-stiftung ist ein neuer künstler eingezogen
so:ren interessiert die welt. seine kunstprojekte untersuchen das verhalten der menschen darin. nicht dem endprodukt, sondern dem weg dorthin, schenkt er grösste aufmerksamkeit.
erst vor wenigen stunden ist er angekommen. der bus steht reisewarm vor dem freundlichen appenzellerhaus im birli. «mein ganzes leben, alles hab und gut, habe ich in amsterdam eingepackt und bin über nacht hierher gefahren.» so:ren sagt dies ohne wehmut. vielmehr strahlt das glück aus den augen, das auch hans empfunden haben muss, als er den klumpen gold getauscht hat und schlussendlich mittellos nach hause gekommen ist.
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im garten graben
bereits vor ein paar monaten ist so:ren, so:ren berner erlandsen mit vollem namen, ins appenzellerland gezogen, hat dann aber wegen laufender projekte immer wieder in den norden gependelt. dennoch sind spuren seines wirkens sichtbar. der garten vor dem haus, der andere jahre mit verwilderung prunkte, zeigt struktur. und früchte. im frühling hat er umgegraben und ist dabei auf bogenförmig verlaufende steinbänder gestossen, die jetzt den pflanzplätz in segmente teilen. auch kohlrabi und rüebli habe er gesät und gepflanzt, aber die wurden zum begehrten schneckenfutter.
die gartengeschichte lässt sich gut als programmatisches projekt des 1977 in dänemark geborenen künstlers lesen. kollaborationen sind sein eigentliches anliegen, das erforschen von kommunikation, ihren möglichkeiten und grenzen, um an der welt teilzunehmen. in der auseinandersetzung mit einem gegenüber schöpft er kraft. unterdessen hat sich nachbar peter liechti mit der gartenarbeit angefreundet, sie weitergetrieben. die ernte wird jetzt geteilt.
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austausch und prozess
projekte starten, mit mitspielern weiterführen, sich zurückziehen, weitergehen, das tut so:ren oft. in amsterdam hat er letzten winter einen leer stehenden lagerraum besetzt und eine plattform für kulturelle dinge gegründet. nach holländischem gesetz, so erklärt der künstler, ist das ein legaler akt, falls die besetzten gebäude seit mehr als einem jahr leer stehen. ganz allein ist er dort eingebrochen. die aus diesem akt entwickelte videoinstallation «there is a whole» – ein geistreich- philosophisches wortspiel zwischen dem ganzen und der leere – war der start zum projekt «horsemove». wer durch das loch in den engen raum lugte, sah den künstler beim werk, mit hammer und meissel die mauer aufbrechen, wie ein graffitikünstler im untergrund arbeiten. «vögel entwickeln sich nur, wenn es luft gibt», ist der als ansporn zu ethischer verantwortung darin eingespannte satz.
so:ren hat weitere künstler eingeladen, den raum zu bespielen, zu reagieren. im zentrum seines interesses stehen auch hier untersuchungen zum menschlichen verhalten, zur kommunikation, wie sie soziologe niklas luhmann am nachhaltigsten angestellt hat in seinen erforschungen von sozialen und psychischen systemen, von anderen formen miteinander zu kommunizieren.
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weltpolitikperformances
die krude, situationsbezogene locharbeit trägt auch engagierte politische dimensionen in sich. einbrechen, ausbrechen, einsperren, gefängnis, terrorist bilden dabei eine unmittelbare gedankenkette voll aktualität. in weiterentwicklung der arbeit hat so:ren in zusammenarbeit mit thijs rhijnsburger und frank ammerlaan eine firma gegründet zum vertrieb von «pentrax solutions». dabei handelt es sich um einen aus rezyclierten einkaufswagen hergestellten gefängniszelle-prototypen «zur aufbewahrung von terroristen». zitate aus wirtschaft und werbung sind in den prospekt gestreut, die dem wahrheitsgehalt des angebots eine erschreckende realitätsnähe geben. die streuung von «pentrax solution» und die mit dem projekt verbundenen gesellschaftspolitischen untersuchen wird so:ren mit seinen freunden vom birli aus weiter treiben. «man kann nicht kunst ohne politisches bewusstsein machen», ist er überzeugt.
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spurensicherung
das ganze haus im birli ist voller spuren. das im nahen trogen in vorbereitung stehende projekt «spurensicherung» im alten spital, neu «palais bleu», ist so:ren auf den leib geschnitten. dort wird er im august auch anzutreffen sein. sowieso ist so:ren kein unbekannter in der gegend. mit christian falsnaes und bella angora ist er vor zwei jahren mit der performance «texas rangers trying to solve the cow-bell-assacre-problem» aufgetreten; aber auch in kooperationen mit stini arn hat er schon gearbeitet, einer zürcher künstlerin, die ebenfalls zu den «birli-leuten» zählt.
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selber ein kunstprojekt
das legt offen, wie die schlesinger-stiftung das atelierhaus vergibt: nach kommunikativen strategien, sozusagen. das birli wird dadurch selber zu einem performativen ort, zu einem atelierhaus, das über das wohnen und arbeiten hinausgeht und selber kunstprojekt wird. von den mal sanften, mal gächen hügeln verbreiten sich zeichen kulturellen weltengagements in die weite und werden von dort sehr wohl wahrgenommen.
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ursula badrutt schoch im st.galler tagblatt vom 21. juli 2006
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http://www.horsemove.nl
http://www.kargology.com
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so:ren beim aufbau seiner komplexen installation im palais bleu.
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